Die Gedanken eines
Großvaters
Ich heiße Franz und bin 82
Jahre alt, meine geliebte Frau ist vor 5 Jahrengestorben. Wir haben 2 herrliche
Enkelkinder – 14 und 16 Jahre alte Mädchen. Ich erinnere mich noch genau, wie
ich mein erstes Enkelkind in den Armen hielt: ein süßes Bündel, was mich
anlächelte. Als sie die ersten Worte sprach, mit 2 Jahren, kam ihr
Schwesterchen. Ebenfalls ein herrliches Baby.
Lucia und ich waren jedes
Mal glücklich, wenn die beiden Mädchen in unsere Wohnung in Katernberg (das
liegt im Ruhrgebiet, in Essen) stürmten, als sie uns besuchten. Ich erinnere
mich noch genau, wie gerne sie immer mit der Märklin-Eisenbahn spielten.
Wir liebten unsere
Enkelkinder so sehr und freuten uns, wenn wir sahen, wie sie sich im Laufe der
Zeit entwickelten: die ersten tollpatschigen Schritte, die ersten Worte (welch
ein Gefühl, zum ersten Mal das Wort: Opa zu hören!!!). Bei den Einschulungen
1994 und 1996 an der Dürerschule waren wir natürlich auch dabei.
Ganz besonders erinnere ich
mich an das Weihnachtsfest 1998. Kennen Sie das? Das Geschenkpapier wird
schnell aufgerissen, weil Kinder es vor lauter Neugierde kaum erwarten können,
was sich wohl hinter dem Papier versteckt. Wie die Augen dieser beiden 8 und
10jährigen leuchteten! Das ganze Wohnzimmer lag voll mit zerrissenem
Geschenkpapier. Die Mädchen boten uns nach der Bescherung ein richtiges
Weihnachtskonzert. Die ältere spielte am Heiligen Abend Weihnachtslieder auf
der Trompete vor, die jüngere auf ihrer Blockflöte.
Dann traf das ein, was
viele nicht wollen – am wenigsten Omas und Opas. Unser Sohn und unsere
Schwiegertochter trennten sich – so wie tausende Ehepaare in Deutschland es
jedes Jahr tun. Was folgte, war das, was ebenfalls tausende Ex-Paare tun: sie
stritten sich. Was eintritt, wenn sich Menschen streiten, ist bekannt: man
fühlt sich vom jeweils anderen verletzt, „der hat das und das getan“….“die hat
das und das über mich gesagt – was einfach nicht stimmt.“ Oder so ähnlich.
Für Kinder ist es meist
schlimm, wenn sie merken, dass sich ihre Eltern so streiten. Sie fühlen sich
meist hin- und her gerissen und hören schlimme Geschichten über ihren Papa oder
über ihre Mama. Dann hassen sie ihren Papa oder ihre Mama auch. Und wollen ihn
oder wollen sie nicht mehr sehen. Tja, und leider auch uns – die Großeltern.
Obwohl wir nichts dafür können. Doch unsere Uhr tickt. Lucia wünschte sich bis
zum Schluss, nur noch einmal ihre geliebte Isa und ihre geliebte Romy zu sehen
– vergeblich. Sie starb 1999, kurz nach der Trennung.
Was für mich schlimm ist: Ich wünsche mir so sehr, noch einmal
meine Enkelkinder zu sehen, mit ihnen zu sprechen, über ihr Haar zu streicheln.
Zu gern wüsste ich, ob sie sich schon verliebt haben, welche Musik sie gern
hören, welche Schulfächer sie mögen und welche nicht – ich möchte meine
Enkelchen zu gern noch einmal sehen. Kann mir jemand sagen, was ich tun kann?
Ich vermisse sie so sehr.
Was mir blieb, sind die
alten Fotos von Isabelle und Romina, die immer noch an der Wand über dem Sofa
hängen.
Ich weiß, dass es vielen
Omas und Opas genauso geht wie mir. Was kann ich bloß tun? Ich habe meine
Enkelinnen seit 5 Jahren nicht mehr gesehen. Ob sie sich überhaupt noch an mich
erinnern? Ob sie wissen, dass ich sie so sehr liebe? Sie so sehr vermisse? Und
gar nichts tun kann? Wer kann mir einen Rat geben? Über eine Antwort wäre ich
sehr dankbar.
Franz
PS: Diesen Brief habe ich
einer Frau diktiert. Ich selber kann nicht tippen. Und ich habe gehört, dass
man im Internet vielleicht Hilfe erhält. Darauf hoffe ich jetzt. Meine
Mail-Adresse, die man mir eingerichtet hat, lautet: OpaFranz@gmx.net