Buch oder Barbiepuppe:
Wie Großeltern Streit bei Geschenken vermeiden
Von Jessica
Grebe, dpa, 15.10.2008, 09:19
Essen/Hamburg. Manchmal sorgen Geschenke unter dem Weihnachtsbaum
nicht nur für Begeisterung. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Großeltern bei
Geschenken für die Enkelkinder die Eltern übergehen.
Die Plastikpuppe oder die DVD kann noch so lieb gemeint
sein und die Kinderaugen strahlen lassen. Wenn die Eltern sie aus pädagogischen
Gründen nicht für sinnvoll erachten, hat Oma mit dem Geschenk einen Fehler
gemacht. «Eltern fühlen sich in solchen Situationen nicht nur übergangen,
sondern schlicht nicht ernst genommen», sagt Ingrid Leifgen, Autorin aus
Herzogenrath.
Auf keinen Fall sollten Weihnachtsgeschenke dazu benutzt
werden, pädagogische Standpunkte zu festigen. Denn wenn die Erwachsenen
angespannt sind, kann sich auch das beschenkte Kind nicht mehr freuen. «Das
Motiv des Schenkens sollten Großeltern immer im Blick haben», sagt Leifgen, die
selbst drei Kinder hat. Die Versuchung ist jedoch groß, über das Geschenk die
Bindung an das Enkelkind stärken und ihm nicht nur eine Freude machen zu
wollen.
Auch beklagen Eltern in Internetforen häufig eine wahre
Geschenkeflut, die auf die Kinder niederprasselt. «An Weihnachten sitzt am Ende
ein völlig verstörtes Kind inmitten von einem Packen an Geschenkpapieren, reißt
eines nach dem anderen der bestimmt 20 Päckchen auf - und legt das Geschenk
beiseite. Mein Sohn kann sich gar nicht mehr auf die ganzen Dinge konzentrieren
und ist völlig überfordert...» So beschreibt eine Mutter das letzte
Weihnachtsfest, und viele Eltern pflichten ihr im Chat bei.
Kerstin Riechert, Erzieherin am Haus der Familie in
Hamburg, rät deshalb, Geschenke grundsätzlich mit den Eltern des Kindes
abzusprechen. «Im Normalfall können nur die wirklich beurteilen, was das Kind
gebrauchen kann, und ein Geschenk sollte sich optimaler Weise ja nach dem
Bedarf des Kindes richten.» So kann ein Gutschein über Taschengeld für die
demnächst anstehende Klassenreise deutlich sinnvoller sein als das vierte Paar
Turnschuhe oder ein neues Spiel.
Ein ebenfalls häufiges Weihnachtsphänomen: Zwischen den
Großeltern entsteht eine Art Wettkampfsituation. Dann versuchen beide Seiten,
sich mit Geschenken für die Enkel zu übertrumpfen. Auch hier ist dem Kind nicht
gedient.
«Sich die Liebe zu den Enkelkindern zu erkaufen,
funktioniert sowieso nicht», sagt Rita Boegershausen von der Bundesinitiative
Grosseltern in Essen. Denn der reale Wert eines Geschenks ist gerade kleineren
Kindern oft nicht bewusst. «Der Wert eines Geschenks ist nicht vom Geld
abhängig, sondern von der inneren Bereitschaft, sich mit dem Enkelkind und
seinen Bedürfnissen zu beschäftigen.»
Besonders schwierig ist es für Großeltern, mehrere
Enkelkinder wirklich gleich zu behandeln. Kerstin Riechert empfiehlt, sich pro
Jahr ein Limit für die Enkelkinder zu setzen. Das sollte für alle Enkel etwa
gleich hoch sein. «Dieses Verfahren garantiert die Gleichbehandlung. Und so
kann ein Weihnachtsgeschenk dann auch ruhig mal größer ausfallen als ein
anderes, schließlich sollte sich das Geschenk ja an den Bedürfnissen
orientieren», sagt die Erzieherin.
Um Gleichbehandlung sollten sich Großeltern auf alle Fälle
bemühen, rät Leifgen. Doch das geht, trotz aller Bemühungen, auch mal schief.
«Es kann einfach passieren, dass ein Geschenk als nicht so wertvoll wie
beispielsweise das der Cousine empfunden wird, vom Geldwert ist das manchmal
vollkommen unabhängig.»
Auch ist es unmöglich, immer das Richtige zu schenken.
Kommt ein Geschenk einmal nicht gut an, gilt es, gelassen zu bleiben. «Kinder
müssen sagen dürfen, wenn sie sich nicht freuen», findet Monika Franken,
Psychologin aus Köln. Und dass Kinderurteile manchmal hart sind, davon wissen
Eltern und Großeltern ein Lied zu singen.
Informationen: Die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
hat zum Thema «Weihnachten und Konfliktpotenzial zwischen Eltern und
Großeltern» am Donnerstag, 27. November, ab 20.00 Uhr auf http://www.bke-elternberatung.de/ einen Chat
eingerichtet.
Schenken nach einer Trennung
Besonders schwierig gestaltet sich das Schenken bei
Trennungskindern. Oftmals ist dann auch die Beziehung zwischen den Eltern und
den Großeltern nicht intakt. Das erschwert eine Absprache über Weihnachtsgeschenke
für die Enkel. Wenn Großeltern gar nicht mehr an die Enkelkinder herankommen,
kann ein Sparbuch sinnvoll sein, auf das sie regelmäßig Geld überweisen, rät Rita
Boegershausen von der Bundesinitiative Grosseltern aus Essen. «So kann das
Kind, wenn es alt genug dafür ist, sehen, dass es zu keiner Zeit vergessen
worden ist.»