Kindeswohl steht an erster Stelle
Cochemer Modell hilft, Konflikte
zwischen Eltern zu lösen und eine für alle Beteiligten annehmbare Lösung zu
finden. Zusammenarbeit zwischen allen Professionen ist Voraussetzung für die
Umsetzung und Anwendung
Die Eltern
streiten sich - ständig. Schnauzen sich an. Ob Maik (6)
nun in der Nähe ist oder nicht. Das gemeinsame Kind muss die Auseinandersetzungen
zwischen seinen Eltern ertragen. Irgendwann passiert, was passieren muss. Die
Eltern trennen sich. Maik bleibt bei der Mutter. Sie stellt alles ihr nur
Mögliche an, damit der Vater Maik nicht zu Gesicht bekommt. Und damit auch
nicht Maiks Großeltern.
Oder: Das
Enkelkind wurde den Großeltern entzogen - der Ex-Schwiegersohn", hat die Kleine mit in die Ukraine genommen.
Seitdem setzen sich beide Großeltern dafür ein, dass ihnen ein Umgang mit ihrem.
Enkelkind gewährt wird. Und dafiir, dass ihre Tochter Besuchsrecht hat oder die
Kleine für einen abgesprochenen Zeitraum nach Deutschland kommen kann.
Die
tragische Kette dieser Fälle, in denen ein Elternteil - zumeist der Vater - und damit auch die Großeltern zum Verzicht auf ihr Enkelkind gezwungen
werden, ließe sich endlos fortsetzen.
Und im Zuge
dessen auch das Leid der Kinder, nach deren Willen oft nicht gefragt
wird. Vor allem, wenn das Gericht einem Elternteil das alleinige Sorgerecht
zugesprochen hat, "mehren sich die Kontaktabbrüche", hat der Nürnberger
Jura-Professor Roland Proksch in einer vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenen Studie gestellt. Dem wollen Elternteile, Jugendämter,
Juristen und vor allem auch betroffene (Groß-) Eltern ein Ende machen. Und
greifen zu einem Verfahren, das bereits Schule gemacht hat: das Cochemer
Modell.
In Cochem (Landkreis Cochem-Zell/Mosel)
wird eine Verfahrensweise der Schlichtung von Kindschaftsstreitigkeiten seit
vielen Jahren (Anfange der 1990er) praktiziert. Der ausschlaggebende Initiator ist Richter Rudolf. In Cochem zwingt das Familiengericht zerstrittene
Eltern zum Konsens. Alle teilnehmende Institutionen (Anwälte, Gerichte,
Jugendamt, Gutachter und Mediatoren) verpflichten sich, im Interesse des
Kindes, den Konflikt zu schlichten oder erst gar nicht entstehen zu lassen. Die
frühzeitige Erarbeitung von Lösungen führt zur Reduzierung von gerichtlichen
Verfahren. Somit werden auch Verfahren in höheren Instanzen vermieden.
Die
praktische Umsetzung sieht so aus: Die erste mündliche Verhandlung vor Gericht
findet zeitnah, spätestens 14 Tage nach Eingang des Antrages statt. Vater und
Mutter werden in Sachen Elternverantwortung in die Pflicht genommen. Die
Anwälte beschränken sich auf die allgemeine Antragsstellung. Weitere
Schriftsätze werden nicht gestellt, sondern in der mündlichen Verhandlung
besprochen.
Die Anwälte
arbeiten daran, dass in Sorge- bzw. Umgangsrechtsverfahren keine
Konfliktstrategien verfolgt werden. Das Kindeswohl steht dabei an allererster Stelle.
An allen
Verhandlungstagen ist immer ein Jugendamtsvertreter anwesend. Wenn keine
Einigung erzielt erzielt werden kann, werden zeitnah Beratungstermine und/oder
Termine mit Mediatoren anberaumt.
Der
Sozialdezernent Holger Richter kann sich die Umsetzung dieses Modelles in Velbert
gut vorstellen. (Lesen Sie dazu auch das Interview "Eine Chance für alle"). ewi