Uwe Jopt, Julia Zütphen

 

Elterliche PASsivität nach Trennung - Zur Bedeutung des betreuenden Elternteils für die PAS-Genese

 

 

1. Einleitung

Wenn Eltern sich trennen, ist die Traumatisierung der Familienmitglieder fast unvermeidlich, weil für Erwachsene wie Kinder die bis dahin relativ sichere Basis eines gemeinsamen Familienlebens auf einmal zusammen bricht. Das macht nicht nur Kindern schwer zu schaffen, für die das plötzliche Fehlen eines Elternteils einen bedrohlichen Eingriff in ihr familiales Netzwerk emotionaler Liebesbeziehungen bedeutet ("psychische Verwaisung"; vgl. Jopt & Behrend, 2000).

Ebenso belastet sind auch die Erwachsenen. Für sie scheitert die bis dahin tragende Vision vom lebenslangen partnerschaftlichen Beziehung- und Familienglück endgültig, wobei kognitive Strategien kausaler "Schuld"-Zuschreibung dafür sorgen, dass dieser Zusammenbruch allein dem Partner angelastet wird, während man sich selbst als "Opfer" sieht. Diesen psychologischen Mechanismus zeitlicher Gliederung einer im Prinzip endlosen Kette von aneinander gereihten Ereignissen bezeichnet man als "Interpunktion" (Watzlawick, Beavin, & Jackson, 1982).

Somit ist die typische personelle Konstellation nach Trennung dadurch charakterisiert, dass in einem Haushalt ein von seinem Kind getrennter Elternteil lebt - allein oder mit einem Partner. eventuell auch dessen Kinder. Auf der anderen Seite stehen zwei traumatisierte "psychologische Opfer", der betreuende Elternteil (BET) und sein Kind, die die "Restfamilie" bilden.

Zwar sieht sich in der Regel der außerhalb lebende Elternteil (AET) gleichfalls als Opfer. Im Unterschied zum anderen hat er jedoch allenfalls "besuchsweise", im Rahmen von Umgangsregelungen, mit seinem Kind Kontakt. Durch diese größere räumliche und zeitliche Nähe ist es zwangsläufig den Erklärungen und Gefühlen des BET wesentlich stärker ausgesetzt, so dass ihm dessen Ansichten vertrauter sind und näher stehen, als die des AET.

Für die meisten Trennungspaare sind solche unterschiedlichen Möglichkeiten, dem Kind gegenüber die persönliche Meinung über den Partner, d.h. aus Kindessicht: anderen Elternteil, deutlich werden zu lassen, allerdings nach einiger Zeit nur noch von untergeordneter Bedeutung. Denn sie begreifen - entweder aus eigener Kraft oder mit Unterstützung Dritter, z. B. der Jugend- Hilfe -, dass sie die durch den Trennungschock verloren gegangene "Elternrolle" im Interesse des Kindes schleunigst wieder in ihr Leben reintegrieren müssen.

D. h. den meisten Trennungspaaren wird relativ bald bewusst, dass sie verpflichtet sind, in Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung die eigenen Konflikte zurück zu stellen, und sich trotzdem zu bemühen, zusammen zur seelischen Schadensbegrenzung ihres Kindes beizutragen. Dieses Ziel wird letztlich nur dann erreicht - so steht es heute sogar ausdrücklich im Gesetz -, wenn es ihnen gelingt, dem Kind trotz Zerbrechen des früheren Familienverbandes einen unbeschwerten und unbelasteten Kontakt zu beiden Eltern zu ermöglichen. Wenn sie es schaffen, ihr Negativbild vom Partner möglichst umfassend vom Kind fern zu halten, um keine Irritationen in Bezug auf den anderen Elternteil hervor zu rufen.

Vereinzelt kommt es allerdings vor, dass die für den Anfang "natürliche" Nähe zwischen Kind und BET später nicht wieder relativiert wird, sondern sich in einer bündnisähnlichen Koalition gegen den AET manifestiert. Dann sind die Umgangskontakte schnell so stark belastet, dass das Kind bald von sich aus zukünftige Besuche ablehnt.

Doch damit nicht genug. Befinden sich solche Kinder zugleich in einer Alters- und Entwicklungsphase, in der sie zwar schon zu relativ stabilen moralischen Urteilen fähig, jedoch noch nicht autonom genug sind, um ihre Maßstäbe unabhängig von den Vorgaben ihrer Eltern aufzubauen, dann kann es passieren, dass es nicht nur bei der Ablehnung von Besuchen bleibt. Unter diesen Bedingungen kommt es vor, dass das Kind auch die Persönlichkeitsurteile des BET - das sind, vor dem Hintergrund seines "Täter"-Bilds vom Partner, natürlich vor allem Abwertungen - übernimmt und damit seinem "Vater" oder seiner "Mutter" die gleichen Defizite und Charaktermängel zuschiebt.

Solche "Übernahmen" müssen vor dem Hintergrund gesehen werden, dass ein Kind noch nicht zwischen "Partner" und "Vater" bzw. zwischen "Partnerin" und "Mutter" unterscheiden kann (das setzt erst mit der Pubertät ein). Bis dahin bilden beide eine Einheit, wodurch sich der "schlechte Partner" - eine Beurteilung auf Erwachsenenebene - leicht in einen "schlechten Elternteil" - ein Urteil auf Elternebene, das eventuell so gar nicht intendiert war - verwandeln kann.

Solche Kampagnen einer - über die Ablehnung von Umgangskontakten weit hinausgehenden - Abwertung und Verunglimpfung des AET werden in der Literatur als PAS (Parental Alienation Syndrom) bezeichnet. Dieses Syndrom wurde bis vor kurzem vorwiegend phänomenologisch betrachtet. Mit der Analyse von Jopt & Behrend (2000) liegt inzwischen jedoch erstmals ein theoretisches Modell vor, das PAS als eine komplexe "Anpassungsleistung" von Trennungskindern gegenüber solchen Eltern versteht, bei denen die - für den Anfang durchaus "normale" - Ausblendung der Elternebene nicht wieder rückgängig gemacht wird.

Dabei dient diese Adaption kindlicher Einstellungen an die des BET vornehmlich dem Ziel, die durch den Widerspruch zwischen Verhalten und Wissen hervor gerufene "kognitive Dissonanz" zu reduzieren.

PAS ist aber nicht nur in Bezug auf Kinder erklärungsbedürftig, für die vor der Trennung in der Regel eine stabile emotionale und intime Bindung zum ausgegrenzten Elternteil bestand, so dass ihre Haltung "logisch" absolut unverständlich erscheint. Auch Verhalten und Einstellung des BET bedürfen einer genaueren Erklärung. Denn da der natürlich "weiß", dass die frühere Beziehung des Kindes zum AET im diametralen Widerspruch zum jetzigen Verhalten steht, ist es auf den ersten Blick ebenso unbegreiflich, weshalb er - als für sein Kind verantwortlicher Elternteil - trotzdem nichts dagegen unternimmt.

Über die Gründe für diese Zurückhaltung ist bisher nur eines bekannt. Fragt man solche Eltern direkt, betonen sie fast gebetsmühlenhaft, lediglich den Willen ihres Kindes zu respektieren und sich deshalb - in ausdrücklicher Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung - mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass nichts geschieht, was es nicht will. Diese Argumentationsfigur kann weder durch Konfrontation (z. B. eine Gegenüberstellung mit dem letzten Urlaubsfotos von Kind und AET), noch durch Plausibilitätsüberlegungen in Bezug auf solche "Begründungen", die nur noch absurd erscheinen ("mein Vater wollte ums vergiften", "meine Mutter ließ mich bewusst allein über die Straße gehen, damit ich überfahren werde"), erschüttert werden. Jede Logik scheint förmlich ausgeblendet zu sein.

Solche Relativitätsverzerrungen von fast schon psychiatrischer Relevanz wecken aus Sicht unbeteiligter Dritter den Verdacht, dass es trennungsspezifische Kontextmerkmale von erheblicher traumatisierender Bedeutung sind, die die Wirklichkeitswahrnehmung des BET beeinträchtigen.

Dem gegenüber zielen alle Erklärungen der ausgegrenzten Elternteile darauf ab, dem BET Intentionalität und bewusstes, zielgerichtetes Handeln zu unterstellen: Das gesamte Verhalten des Kindes - seine Kontaktablehnung, seine Respektlosigkeit - alles sei ausschließlich das Resultat einer verantwortungslosen vorsätzlichen Instrumentalisierung durch den BET. Inszeniert mit dem einzigen Ziel, die emotionale Beziehung des Kindes zum AET dauerhaft zu zerstören.

Nach diesem Erklärungsmodell liegt es an der Persönlichkeit des BET und nicht an den situativen Besonderheiten einer Trennung, dass es zur Ausbildung von PAS kommt. Der mit dem Kind lebende Elternteil "billigt" nicht nur ein völlig unangemessenes Auftreten seines Kindes gegenüber dem AET; er hat es sogar ausdrücklich darauf angelegt. Diese Vorstellung erscheint aus laienpsychologischer Sicht sogar ausgesprochen plausibel, zumal der AET - vor dem Hintergrund seines Wissens um die in der Vergangenheit durchweg positive Beziehung zum eigenen Kind - sich dessen aktuelles Auftreten logischerweise nur so erklären kann, dass es gezielt beeinflusst sein muss. Tatsächlich gibt es allerdings so gut wie keine Belege dafür, dass ein PA-Syndrom gezielt vom BET angestrebt würde.

Das schließt zwar nicht aus, dass es im Einzelfall durchaus auch Intentionalität geben mag. Nachzuweisen wäre sie allerdings nur dann, wenn der BET zuvor gegenüber Dritten und damit nachprüfbar angekündigt hätte, wider besseren Wissens um die enge emotionale Beziehung des Kindes zum AET dennoch eine totale Entfremdung zwischen beiden herbeiführen zu wollen. Dieser Fall ist uns aber bisher noch nie begegnet.

Trotzdem darf man davon ausgeben, dass sich PAS ohne entsprechende Einflussnahme des BET niemals entwickeln würde. Denn sofern der BET fest davon überzeugt ist, dass für alle Kinder und damit auch für das eigene Kind der unbeschwerte Kontakt auch zum getrennt lebenden Elternteil unverzichtbar für eine gesunde emotionale und psychosoziale Entwicklung ist, gibt es dieses Phänomen nicht. Insofern haben PAS-Betroffene grundsätzlich nicht ganz Unrecht, wenn sie sich über den Einfluss des BET aufs Kind beklagen.

Doch es macht einen grundlegenden Unterschied, ob es jemand vorsätzlich darauf anlegt, bei seinem Kind ein PA-Syndrom zu erzeugen, oder ob er sich seiner Einflussnahme überhaupt nicht bewusst ist und lediglich nichts dagegen unternimmt, wenn sein Kind dem früheren Partner gegenüber dieselbe Ablehnung zum Ausdruck bringt, wie er selbst. Wenngleich das Resultat in beiden Fällen dasselbe ist, so dass vom Phänotyp her nicht zu erkennen ist, worauf der Widerstand beruht.

In diesem Sinne wird zwar auch nachfolgend davon ausgegangen, dass PAS in engem Zusammenhang mit der Person eines BET gesehen werden muss, der Verhaltungsweisen seines Kindes zulässt, denen er unter anderen Umständen - im Falle des Zusammenlebens mit beiden Eltern; oder wenn seine Despektierlichkeiten anderen Personen, etwa den Großeltern auf Seiten des BET, gelten würden - vehement und unnachgiebig (erzieherisch) entgegen träte.

Eine eigenständige Intentionalitäts-Annahme - wenngleich vom Pionier der PAS-Forschung Richard Gardner (1998), durch Metaphern wie "Gehirnwäsche" oder "Programmierung" regelrecht befördert - erscheint darüber hinaus jedoch entbehrlich. Solche Vokabeln erzeugen zwar Stimmung (ähnlich auch 0.-Kodjoe & Koeppel, 1998), überzeugende Nachweise ihrer Gültigkeit fehlen jedoch bis heute.

Das hohe Maß an Ich-Involviertheit, an Empörung, Betroffenheit und Verzweiflung, das regelmäßig auf Seiten des BET zu beobachten ist, spricht eher dafür, dass seine Einstellungen und Erwartungen in Bezug auf das Verhalten des Kindes in enger Beziehung zur eigenen SeIbstwahrnehmung als EIternteil steht, der lediglich auf die Hilfesignale seines Kindes verantwortungsbewusst reagiert.

Deshalb zunächst einige grundsätzliche Anmerkungen zum Trennungsprozess.

 

2. Trennungstrauma und Unterstützung

Trennung zählt für Erwachsene - gleich nach dem Tod - zum belastendsten kritischen Lebensereignis, das sie zu bewältigen haben (Holmes & Rahe, 1967). Dabei gerät vor allem der Verlassene bzw. derjenige, der sich so fühlt - was meist für beide gilt - in einen Zustand "emotionaler Deprivation". Diese Mangellage kann als der vielleicht wichtigste Bestandteil des ganzen Trennungstraumas betrachtet werden, zumindest für die Anfangszeit des Scheiterns.

Vor diesem Hintergrund sind sowohl wechselseitige Klagen, Anklagen und Schwarz-Weiß-Aufspaltungen in "Opfer" und "Täter", als auch nonverbale, d. h. über mimische und gestische Signale vermittelte Anzeichen von Trauer, Schmerz, Hilflosigkeit und Verzweiflung nahezu unvermeidbar. Dabei entfaltet vor allem Körpersprache die unmittelbarste Wirkung, da man sich ihrem Einfluss auf das eigene Fühlen und Denken kaum entziehen kann. Entsprechend erhält der Verlassene in der Regel zahlreiche Angebote sowohl emotionaler als auch kognitiver Hilfe, vereinzelt auch praktischer Unterstützung (Röhle, 1994).

Dies gilt nicht nur in Bezug auf Verwandte und Bekannte, sondern erst recht für die eigenen Kinder, die es stets ganz besonders hart trifft, wenn sie mitbekommen, wie tief betroffen und verletzt einer ihrer Eltern in Folge der Trennung ist.

Dabei fällt es natürlich erheblich leichter, Sprache zu kontrollieren, während nonverbale Kommunikation in vielerlei Hinsicht weniger bewusst und damit auch schwerer steuerbar ist. Zum anderem sei aber an das Phänomen des sogenannten "Double-bind' erinnert, wonach mit Worten das Gegenteil dessen gesagt wird, was die Körpersprache vermittelt (s. von Schlippe & Schweitzer, 1996). Solche paradoxen Aussagen entstehen, wenn die Beziehung zwischen den Kommunizierenden eng und die Situation zugleich durch ein angespanntes Klima belastet ist, was beides für die Restfamilie zutrifft. Kindliche Tröstungsversuche, von Umarmungen bis hin zur Parentisierung, sind unter solchen Umständen die fast automatische Reaktion.

Wenn unter solchen Bedingungen beispielsweise ein BET seinem Kind bei gleichzeitig enger Umklammerung erklärt, dass es den AET selbstverständlich gerne besuchen dürfe, und mit traurigem Gesichtsausdruck behauptet, sich darüber durchaus zu freuen, dann reagieren Kinder auf solche "inkongruenten" Aussagen in der Regel so, dass sie der nonverbalen Botschaft folgen und nicht dem gesprochenen Wort. Dadurch entsteht selbst beim BET leicht der falsche Eindruck, das Verhalten des Kindes spiegle ausschließlich seinen eigenen, unbeeinflussten Willen.

Kleinkinder scheinen auf den ersten Blick zwar kein Unterstützungsverhalten zu entwickeln, denn bei ihnen löst die Konfrontation mit einem spürbar leidenden Elternteil vor allem Angst aus, worauf sie sich schutzsuchend genau demjenigen zuwenden, der selbst Hilfe sucht. Doch genau dadurch erfährt der Erwachsene letztlich auch von diesen Kindern, wie wichtig und unverzichtbar er ist - was der psychischen Wirkung unmittelbaren Trostes nicht nachsteht.

Größere Kinder dagegen reagieren nicht nur affektiv. Mit wachsendem Verständnis für die moralisch-wertende Seite menschlichen Verhaltens ergänzen sie ihre emotionale Anteilnahme noch durch kognitive Wertungen, bis hin zur einseitigen Parteinahme für den leidenden Elternteil und dessen Erklärung für die Trennung. Abhängig von Alter und Persönlichkeit, setzen die vom BET ausgehenden Hilflosigkeitssignale somit bei Kindern unterschiedlichste Mischungen von emotionaler und kognitiver Unterstützung frei.

Wann immer Kinder ihre Eltern trösten, dann hat sich in diesem Augenblick die "Elternebene" aufgelöst und das natürliche Fürsorgeverhältnis wird umgekehrt. Sowohl aus elterlicher wie aus Kindersicht ist der Umgang miteinander "erwachsenenzentriert".

So gesehen, besteht die erste Passivität zu Lasten von Kindern darin, dass Trennungseltem sich nicht nachdrücklich genug darum bemühen, ihre eigene Leidensbefindlichkeit von ihnen fern zu halten. Doch das ist vielleicht aus theoretischer Sicht zu Recht beklagt; in der Praxis hingegen erweist es sich allerdings für Erwachsene so gut wie unmöglich, ihren Kindern gegenüber den eigenen Seelenzustand vollständig zu verbergen. Insofern ist diese Form kindlicher Instrumentalisierung zumindest grundsätzlich kaum zu vermeiden.

Allerdings hält die Ausblendung der Elternrolle meist nicht zu lange an. Je länger die Trennung zurückliegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass - trotz konflikthafter Auseinandersetzung mit dem Partner und daraus resultierenden Leids - die Besinnung auf eine fortbestehende gemeinsame Verantwortung als Mutter und Vater wieder ins Blickfeld rückt.

Diese Reintegration von (gescheiterter) Partnerschaft und (fortdauernder) Elternschaft verläuft in Familien höchst unterschiedlich - zeitlich wie qualitativ - und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die längst nicht alle bekannt sind. Beispielhaft hingewiesen sei hier lediglich auf den unterschiedlich starken Druck, mit dem ein Kind selbst darauf drängen kann, dass der andere Elternteil wieder in sein Leben mit einbezogen wird. Oder auf die nachhaltigen Bemühungen ausgegrenzter Elternteile, durch Einschaltung des Gerichts überhaupt wieder in Kontakt zu ihrem Kind zu kommen. Solche Versuche, der "Elternebene" Gehör zu verschaffen, sind jedem Familienrichter zur Genüge bekannt.

Letztlich scheint es jedoch fast unmöglich zu sein, eine Ausblendung der Elternebene von Anfang an zu verhindern. Dies wünschten sich zwar alle Kinder. Doch wie eine Studie jüngst erbrachte, verlieren selbst ausgesprochen verantwortungsbewusste Eltern ihre Kinder in der ersten Zeit nach Trennung merklich aus den Blick, weil sie in dieser Phase hochgradig egozentrisch, d. h. mit sich selbst beschäftigt sind (Hildeman, 1999). lnsofern hängt die eigentliche Stärke von Eltern möglicherweise vor allem davon ab, wie viel Zeit verstreicht, bis sie sich wieder auf ihre bestehende Elternverantwortung besinnen.

Vollständig und ganz ohne Rest gelingt den meisten das Nebeneinander von unbeschwerter Elternschaft und Auflösung der Partnerschaft allerdings selbst nach längerer Zeit nicht. Oft müssen sich Kinder mit Mischformen, wie "paralleler Elternschaft" (Furstenberg & Cherlin, 1993), arrangieren, wobei ihnen zwar der Kontakt zum anderen Elternteil nicht verwehrt wird; gleichzeitig bleibt das Verhältnis zwischen Mutter und Vater jedoch weiterhin so schwer belastet, dass sie beide Seiten nur noch isoliert erleben und somit gezwungen werden, zwischen zwei feindseligen und unversöhnten emotionalen Elternwelten hin und her zu pendeln. Das ist aus psychologischer Sicht die belastendste Form einer "Nachtrennungsfamilie"

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Insofern wird eine der wesentlichsten Aufgaben Psychologischer Sachverständiger zukünftig darin bestehen, durch Einwirkungen auf ein dysfunktionales Paarsystem zu erreichen, dass es Eltern gelingt, die zwischen ihnen bestehende Kluft zumindest so weit zu überbrücken, dass ihr Kind sinnlich erlebt, nicht nur "Mutter" und "Vater", sondern auch sich sorgende, in Liebe und Verantwortung zu ihm stehende "Eltern" zu haben (vgl. Jopt, 1992).

Im vorliegenden Zusammenhang sind allerdings nur diejenigen Elternteile von Interesse, von denen zeitgleich mit dem Scheitern ihrer Partnerschaft zugleich auch die gemeinsame Elternschaft aufgekündigt wird. Denen es selbst nach längerer Zeit und trotz Bemühungen Dritter (Jugendhilfe, Beratungsstellen u. a.) nicht gelingt die - plurale - Elternrolle wieder in ihr Leben zu integrieren, weil sie dies offensichtlich auch gar nicht wollen. Diese Eltern setzen bedenkenlos ihr eigenes Interesse nach Abbruch jeglicher Verbindung zum früheren Partner mit der nahezu "selbstverständlichen" Erwartung gleich, ihr Kind werde sich, in Bezug auf den anderen Elternteil, ebenso verhalten.

Hier zeigt sich eine Parallele zwischen BET und Kind. War es anfangs das Kind, das nicht in der Lage war, die Vorwürfe des BET als Anklagen auf der Paarebene zu erkennen, so ist es nun der Erwachsene, dem es nicht gelingt, an der richtigen Stelle zwischen Paar- und Elternebene zu unterscheiden. Denn hier setzt der BET seine eigene Einstellung "Partner" ganz selbstverständlich mit der des Kindes zum "Vater" gleich. Wie sich zeigen wird, eine verhängnisvolle Emulsion.

Woher diese Überzeugung kommt, auch darüber ist zur Zeit noch wenig bekannt. Lediglich auf eines wurde eingangs bereits hingewiesen: Trifft diese Elternschwäche auf ein Kind in der Phase heteronomer Moralentwicldung, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es zur Ausbildung eines PA-Syndroms kommt (vgl. Jopt & Behrend, 2000). Denn nach der Trennung steht ihm für seine - grundsätzlich an beiden Eltern ausgerichtete - Wertorientierung jetzt nicht nur lediglich ein Elternteil zur Verfügung. Dieser BET erhebt auch noch Alleinvertretungsanspruch in Bezug auf die Elternrolle.

 

3. Ein folgenschwerer Irrtum

So gesehen ist PAS (auch) ein Name dafür, dass irgendwann Verhalten und Einstellung des Kindes gegenüber einem Elternteil in hohem Maße dem seines Betreuers ähneln: beide vermeiden jeglichen Kontakt zum AET und werten ihn zugleich nachhaltig ab.

Verantwortlich für diese Konkordanz dürfte in erster Linie ein Fehlattribution des BET sein. Denn die seelische Betroffenheit und damit Hilfebedürftigkeit des Betreuenden motiviert das Kind zwar anfänglich in der Tat, diesen durch Anteilnahme in unterschiedlichster Form zu trösten, wodurch der AET vorübergehend zwangsläufig an den Rand des kindlichen Blickfeldes gerät. Der BET erkennt jedoch nicht, dass er selbst die Ursache für diese Hinwendung zu ihm und damit "Abwendung" vom anderen ist.

Folglich interpretiert er das kindliche Verhalten als Ausdruck einer - von seiner persönlichen Meinung vollkommen unabhängigen - eigenständigen negativen Einstellung des Kindes zum AET, die allerdings, sozusagen zufällig, mit seinem Bild vom Ex-Partner hoch überein stimmt.

Daraus entwickelt sich die, aus lernpsychologischer Sicht folgerichtige Erwartung, dass sich das Kind auch zukünftig ablehnend verhalten wird. Solche Verhaltenserwartungen eines Elternteils wiederum haben zur Folge, dass es seine Verhaltensweisen auf subtile und weder dem Erwachsenen noch ihm selbst bewusste Weise daran anpasst. Diesen Prozess bezeichnet man in der Lernpsychologie als Shaping, eine Abfolge sukzessiver Verstärkungen (durch Aufmerksamkeit, Zustimmung, Zufriedenheit, aber auch Verwunderung u.ä.m.), an deren Ende genau das Phänomen steht, das erwartet wurde ("Sich-selbst-erfüllende Prophezeiung).

Beispielsweise merkt ein Kind es relativ schnell, wenn seinem - zunächst noch eher schwachen - Widerstand gegenüber Besuchskontakten seitens des BET nicht widersprochen wird. Dadurch entsteht der Eindruck, dass diese Haltung von ihm offensichtlich nicht ungern gesehen wird. Für eine positive Verstärkung reicht es somit bereits aus, dass das kindliche Verhalten lediglich hingenommen wird, ohne gerügt oder gar verboten zu werden. Gleiches gilt in Bezug auf die PAS-typischen "Erinnerungen" an den BET.

Doch so sehr dem Erwachsenen dieser vermeintlich von ihm völlig unabhängigen Gesinnungsgleichklang mit seinem Kind auch willkommen sein mag, so besteht dennoch ein gewichtiger Unterschied zwischen der eigenen Ablehnung des Partners und PAS beim Kind. Denn da es bei ihm nicht um den "Partner", sondern um seine Beziehung zu Vater oder Mutter geht, lässt sich sein Negativbild schwerlich auf gleiche Weise durch Interpunktion und Schwarz-Weiß-Polarisierung "rechtfertigen", wie dies auf der Paarebene möglich ist.

Im Gegenteil: Diese Parallelität kann schon deshalb nicht gelingen, weil die kindlichen Rechtfertigungsversuche seiner Haltung meist im deutlichen Widerspruch zu den eigenen Erinnerungen des BET stehen, der ganz genau "weiß", dass in der Vergangenheit die Beziehungen des Kindes zum AET im Prinzip genau so positiv getönt waren, wie zu ihm selbst. Insofern besteht ein erheblicher Widerspruch zwischen seiner passiven Hinnahme der - vor diesem Hintergrund ungerechtfertigten - Ablehnungshaltung des Kindes zum einen und seinem Erinnerungswissen als Elternteil zum anderen.

"Vernünftig" wäre es insofern, wenn der BET an dieser Stelle nicht als Partner, sondern in der Elternrolle aufträte und dem Kind in aller Deutlichkeit klarmachte, dass er dessen einseitige Parteinahme weder wünscht noch zulassen wird. Doch dazu ist jener Elternteil, dessen Kind PAS zeigt, gerade nicht in der Lage.

Insofern zeigt sich hier die zweite Passivität im Verhalten des Erwachsenen, die im Zusammenhang mit PAS zu beobachten ist. Diesmal allerdings ist sie nicht lediglich temporär, wie im Falle der Unfähigkeit, die eigenen trennungsbedingten Affekte und Emotionen vom Kind fern zu halten. Diese erneute Unfähigkeit zur Ausübung einer von Verantwortung gegenüber dem Kind bestimmten Elternrolle ist jetzt vielmehr geradezu Vorläufer für die Entstehung des Syndroms.

Zugleich gerät jetzt auch der Erwachsene in einen ähnlichen Zustand "kognitiver Dissonanz", wie er für PAS-Kinder angenommen wurde (vgl. Jopt & Behrend, 2000). Folglich ist für diesen Typus von "Restfamilie" kennzeichnend, dass er sich aus zwei Personen zusammen setzt, die beide unter beträchtlichen psychischen Spannungen stehen, weil weder das Verhalten des Kindes in Bezug auf den AET, noch das seines Betreuers ihm gegenüber, zu den positiven Erinnerungsbildern vergangener Zeiten, über die beide verfügen, passt. Wobei zwischen Kind und Erwachsenem lediglich "inhaltliche" Unterschiede bestehen. Folglich muss nunmehr auch der BET Reduktionsstrategien entwickeln, weil er die Beibehaltung dieses Zustands auf Dauer nicht ertragen würde (vgl. Frey & Gaska, 1993).

Dabei sind im Prinzip zwei Strategien denkbar. Zum einen können alle Informationen vermieden oder abgewertet werden, die dazu beitragen würden, den faktischen Widerspruch zwischen elterlicher Passivität dem Kind gegenüber und gegenläufigem Erfahrungswissen zu verdeutlichen. Dazu zählt insbesondere, die Wahrnehmungsabwehr aller Aspekte, die zur klaren Unterscheidung zwischen "Partner" und "Elternteil" nötigten.

Dies gelingt am ehesten dadurch, dass die "Elternrolle" des AET und damit seine grundsätzlich positive Beziehung zum Kind weitgehend ausgeblendet werden. Nur so ließe sich beispielsweise die manchmal im Gerichtssaal anzutreffende totale "Härte", das Fehlen jeder Empathie für den früheren Partner angesichts seiner Verzweiflung über die Ablehnung durchs eigene Kind, verstehen.

Typisch für die Dissonanzreduktion des Betreuenden scheint weiterhin ein bedenklicher Mangel an Flexibilität im Denken über den anderen zu sein. Verhaltensweisen, die für sich betrachtet durchaus negativ einzuschätzen sind, jedoch nur ganz selten in der Vergangenheit vorkamen (z. B. eine Ohrfeige im Ehestreit), werden bedenkenlos generalisiert ("Gewalttäter"). Auf diese Weise wird der Partner monströs verzerrt und gerät regelrecht zum Stereotyp für alles Negative schlechthin. Gleichzeitig strebt die Bereitschaft zur Selbstreflexion, d. h. zur Betrachtung auch der eigenen Anteile sowohl am Scheitern als auch am anschließenden Beziehungskonflikt, Verhalten des Kindes eingeschlossen, gegen Null.

Letztlich tragen alle diese - selten bewussten - Psycho-Taktiken dazu bei, dass eine eigenständige Elternrolle des Partners bedingungslos geleugnet werden kann. Übrig bleibt allein die Rolle des früheren Partners.

Diese Wahrnehmungsverzerrung hat zur Folge, dass die Reaktionen des Kindes gegenüber dem AET nunmehr quasi den Status von Beweisen dafür erhalten, dass der BET mit seiner Duldung oder sogar Unterstützung des vermeintlichen Kindeswillens sogar ausdrücklich Elternverantwortung wahrnimmt, indem er es davor zu bewahren versucht, mit ihm zusammen zu treffen.

Spätestens jetzt ist das PAS-Kind nicht länger nur passiv, sondern seinerseits aktiver "Verstärker" für Einstellung und Verhalten des BET.

Doch diese Hilfe zur Dissonanzreduktion bleibt nicht einseitig. Denn auch der BET liefert dem Kind ungewollt "Beweise" dafür, dass es in seiner Einschätzung des gemiedenen Elternteils falsch liegt. So beispielsweise, indem er ihm die Anwaltsschriftsätze der Gegenseite zu lesen gibt; indem er ihm von der angeblichen Weigerung des AET berichtet, der Restfamilie, also auch dem Kind selbst, mehr Unterhalt zu zahlen; oder indem er dem Kind gegenüber den Eindruck vermittelt, der AET hätte seine Liebe längst auf die Kinder des neuen Lebensgefährten "übertragen"; u.ä.m.

Durch solche wechselseitigen Informationen, die allesamt dazu dienen, das bestehende Negativbild vom AET bei Erwachsenem wie Kind zu bestätigen und damit auf beiden Seiten kognitive Dissonanz zu reduzieren, wird die gesamte Einstellung ihm gegenüber stabilisiert und letztlich manifestiert. Am Ende dieses Prozesses steht die Symbiose zwischen beiden.

 

4. Konsequenzen für die Intervention

Spätestens dann verwandelt sich das beziehungspsychologische Problem in ein rechtliches. Was kann, was muss man tun, um die zerstörte Beziehung zwischen Kind und AET wieder aufleben zu lassen?

Schaut man dabei auf den BET, so ist höchst unwahrscheinlich, dass er allein durch Aufklärung und Appelle, also auf kognitivem Weg, dazu bewegt werden kann, seine das Kind ungewollt fesselnde Haltung wieder aufzugeben. Alle derartigen Versuche - das zeigt die gerichtliche Praxis - schlagen im Nu fehl.

Dies kann allerdings auch kaum anders sein, denn zwar zeigt der BET durch seine Duldung des kindlichen Verhaltens, dass er, im objektiven Sinn, weit davon entfernt ist, elternverantwortlich zu handeln. Subjektiv ist er jedoch fest vom Gegenteil überzeugt: Indem er uneingeschränkt "akzeptiert", was sein Kind will, sieht er sich als aktiver Hüter seines Willens. Deshalb kann er den Vorwurf mangelhafter Elternverantwortung, etwa durch einen Sachverständigen ausgesprochen, nur voller Empörung und Unverständnis zurück weisen. Was in Bezug auf viele andere kindliche Lebensbereiche auch richtig ist.

Da BET und Kind in einem sich selbst stabilisierenden System eingebunden sind, muss deshalb jede Intervention zwangsläufig darauf abzielen, diesen Verbund überhaupt erst einmal aufzubrechen, damit es möglich wird, die innerhalb seiner Grenzen geltenden Gesetzmäßigkeiten außer Kraft zu setzen. Denn so lange die Dyade zwischen Erwachsenem und Kind unbeeinträchtigt bestehen bleibt, ist es dem BET nahezu unmöglich, seinen Erziehungsfehler bzw. seine bereichsspezifisch eingeschränkte Erziehungseignung überhaupt zu erkennen. Dafür sorgt letztlich das Kind, das ihm kontinuierlich Richtigkeit und Notwendigkeit seines erzieherischen Handelns bestätigt.

Entsprechend müssen alle Überzeugungsversuche Dritter - Gerichte wie Jugendhilfe - letztlich scheitern, sofern sie es lediglich bei unverbindlichen und folgenlosen Appellen an die Vernunft belassen.

Wobei ein Ausfall von Erziehungskompetenz "lediglich" in jenem Teilbereich, der mit dem früheren Partner zu tun hat, den tatsächlich bestehenden Handlungsbedarf auf keinen Fall kaschieren sollte. Denn mag sich der BET auch auf allen anderen Feldern, die weder mittelbar noch unmittelbar mit dem Partner zu tun haben, durchaus als fürsorglich und verantwortungsvoll erweisen, so schmälert das die Schwere seines Ausfalls dennoch nicht.

Im Gegenteil: Die faktische Verursachung eines drohenden Dauerverlustes des anderen Elternteils zählt nach einhelliger Erkenntnis der Entwicklungspsychologie zu den gravierendsten Eingriffen in Persönlichkeit und Autonomie eines Kindes. Nicht von ungefähr nimmt die Sicherung emotionaler Beziehungen zu beiden Eltern seit nunmehr drei Jahren einen zentralen Platz im Familienrecht ein.

Deshalb können nach definitiv gescheiterten Überzeugungsversuchen alle rechtlichen Maßnahmen, die geeignet sind, die Wahrnehmungsverzerrung des BET aufzubrechen und ihm bewusst zu machen, dass es zu seiner Verantwortlichkeit als Erzieher gehört, dem Kind seine Liebesbeziehungen auch zum anderen Elternteil zu erhalten und auf keinen Fall ihrer Zerstörung tatenlos zuzusehen, aus kinderpsychologischer Sicht nur willkommen sein.

Damit er mit Mitteln der Vernunft der Kinderpsychologie oder der Pädagogik überhaupt wieder erreichbar ist, muss deshalb der Einsatz von Rechtsmacht als u. U. einzige Chance betrachtet werden, um in das symbiotische System einzugreifen und so die Voraussetzung zu schaffen, dass mit Betreuer und Kind in Richtung Wiederherstellung einer Beziehung auch zum AET gearbeitet werden kann.

So gesehen, scheint im juristischen Raum die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft mit dem Aufgabenbereich "Kontaktvermittlung" zwischen Kind und AET eine sinnvolle Maßnahme zu sein, um den ausgegrenzten Elternteil wieder in die Restfamilie zu integrieren - allerdings nicht länger in der bisherigen Rolle als "Streitender", sondern als unverzichtbares emotionales Element der aus Kindersicht niemals endenden Beziehungsstruktur "Familie".

Erreichen lässt sich dieses Ziel jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Kontakte zwischen allen Familienmitgliedern, zumindest zwischen AET und Kind, schnellstmöglich wieder aufgenommen werden. Nur dann kann erkennbar werden, dass sämtliche Sorgen des BET unbegründet waren und dass er sich deshalb - entgegen seiner bisherigen Überzeugung - keineswegs fürsorglich und verantwortungsbewusst verhält, wenn er dem Kind weiterhin ein Feindbild des anderen Elternteils vermittelt bzw. nichts unternimmt, um seine eigene Rolle so auszuüben, dass es nicht länger im Dienste der Interessen eines in seiner Partnerschaft gescheiterten Erwachsenen instrumentalisiert wird.

Solchen Eingriffen ins Elternrecht wird zwar von einigen Autoren energisch widersprochen (so z. B. Salzgeber & Stadler, 1998; Fegert, 2001). Doch im Sinne des hier vorgestellten Modells steht PAS eben nicht nur in irgendeinem Zusammenhang zum BET, sondern ist unmittelbar auf ihn zurück zu führen. Deshalb ist davon auszugeben, dass auf seiner Seite ein erheblicher Mangel an Elternverantwortung, d. h. eine deutlich eingeschränkte Erziehungsfähigkeit, besteht, und das ruft auch in allen anderen Zusammenhängen immer dann den staatlichen Wächter auf den Plan, wenn damit eine Kindeswohlgefährdung - auch eine unbeabsichtigte - verbunden ist. So will es unsere Verfassung (Art. 6 GG).

Da andererseits PAS-Kinder in ihrer seelischen Gesundheit und Entwicklung ohne jeden Zweifel hochgradig gefährdet sind, wäre es deshalb nicht nur völlig unverständlich, wenn der staatliche , Kinderschützer Gericht für sie untätig bliebe. Solche Passivität käme durchaus einem Verfassungsverstoß gleich.

Allein im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgebots muss deshalb die Einrichtung einer Teilpflegschaft - verstanden als Dokumentation des Staates, dass er die Heile-Welt-Sicht des BET nicht teilt - der erste Schritt sein, um ihn zu bewegen, sich für eine verantwortungsvolle Elternhaltung zu öffnen.�